Wenn ich sagen müsste, was an dem heutigen Tag besonderes geschehen ist, würde ich von einer Herde Schafe berichten, die vor mir die Straße überquerte. Rechts und links jeweils ein aufgebrachter, bedrohlich wirkender Herdenhund, die Befehle vom Hirten befolgend. Der Mann mit dem Hut und dem Stock in der Hand steht in Mitten von einem Meer aus grau-weißen Wollknäulen. Sich hektisch fortbewegende Vierhufer, die vom Strom der andern mitgerissen werden. Um nicht in der Masse unter zu gehen, muss das Schaf Schritt halten können. Dicht gedrängt, den Weg vor sich nicht erkennend.
Nicht mal 30 Sekunden sind vergangen seit ich die Bremse getätigt habe, um den Tieren den Vortritt zu gewähren. Die Straße vor mir ist wieder frei, übersät mit kleineren Erdhaufen an der Stelle, wo die Herde ihren Weg nahm. Keines scheint verletzt, alle haben unversehrt ihr Ziel erreicht und grasen schon wieder entspannt auf der nächsten Wiese. Ein faszinierender Vorgang, wie aus einem fiktiven Film und doch so banal und „natürlich“. Aber gerade deshalb vielleicht so besonders, weil das Gewöhnliche, das vom Menschen unberührte in unserer Welt an Bedeutung verloren hat. Diese Tiere folgen ihrem Urinstinkt. Schafherden und Hirten hat es schon gegeben, als ich nicht mal angedacht gewesen bin. Und doch sind sie aus unserem Bewusstsein verschwunden und gerade deshalb eine Rarität zu sichten. Wertvoller als jedes Stück Gold. Der Schatz der Natur.