Mein größtes Glück

Ich war schon als Kind schneller überfordert als andere.

Schneller reizüberflutet und überreizt.

Vielleicht habe ich aber auch gar nicht sensibler als andere reagiert, sondern nur offensiver.

Statt in mich gekehrt, hat sich mein Leiden im Außen bemerkbar gemacht.

Mein Körper ein Spiegelbild meiner Gedanken.

Meine Gedanken ein nicht anhalten wollendes Karussell.

Ich bin dann gerannt.

Schon immer.

Habe mich verrannt.

Im Zimmer.

Eingesperrt hinter Bücher, die mir die Möglichkeit der Flucht vor der Realität gegeben haben.

Sie sind ein schöner Ort.

Voller Träume, hoffnungsvoller Wünsche und fehlendem Schmerz.

Worte können so heilsam sein, so befreiend, so belebend.

Klare strukturierte Darstellungen faszinierender Naturwissenschaften.

Lyrische Umschreibungen des bewegten Geistes.

Erzählungen aus fernen Ländern.

Geschichten fiktiver Persönlichkeiten.

Eine vielfältige Landschaft bunter Buchstaben aneinandergereiht.

Mein größtes Glück.

Jetzt – Sein

Manchmal wünsche ich mir mehr Alleinsein.

Manchmal denke ich, ich bin für’s Mehrsein nicht geschaffen.

Manchmal ist mir mehr nach überschaubarem Nichtssein.

Manchmal sehne ich mich nach dem Sein der Bewegungslosigkeit.

Manchmal verlangt mein Körper nach dem Einssein.

Manchmal überkommt mich ein Bedürfnis nach erkennbarem Ich – Sein.

Manchmal könnte ich die Zeit im Hier – Sein anhalten, um zu erkennen, dass der gegenwärtige Moment schon immer ein ständiges Jetzt – Sein gewesen ist.

Nichtstun als Privileg

Alles eilt. Kaum jemand verweilt.

genießt den Augenblick.

Es muss immer weitergehen,

kein Stillstand und stehen

in Sicht.

Der innere Antreiber

hetzt dahinter.

Getrieben von der Vergangenheit,

geprägt vom gestrigen Winter,

dem Spiegel unserer Zeit.

Dunkelheit umgibt die Stille,

die Ruhe vor dem Toben,

es bedarf einiges an Kraft und Wille,

sind wir doch zu sehr mit unseren Erlebnissen verwoben.

Erfahrungen, die uns sagen was falsch und richtig scheint,

uns leiten und den Weg weisen,

Eine Ruhelosigkeit und ein Hetzen, welches unsere Gesellschaft vereint.

Das Nichtstun als Privileg willkommen heißen.

Bis hierher und weiter

Wir brauchen ein Umdenken.

Eine Welt, die sich mehr besinnt.

Auf die wesentlichen Dinge des Lebens.

Freude und Liebe in den Vordergrund unseres kurzen Daseins.

Ein Füreinander und Miteinander.

Solidarität vor Autorität.

Vielleicht birgt Reduktion und Verzicht Möglichkeiten.

Mehr Umzudenken.

Sich mehr zu besinnen.

Vielleicht schafft Entschleunigung und Langsamkeit Platz für neue Innovationen.

Ist Fortschritt nur gegeben, wenn Optimierung stattfindet oder kann es auch Bewegung in eine andere Richtung, die nicht gleichbleibend ist, sein?

Die Zukunft wird zeigen, wie es weitergeht.

Die Gegenwart stellt uns vor Herausforderungen.

Die Vergangenheit erinnert uns daran, dass es immer einen Weg gegeben hat.

Bis hierher und weiter.

Heimat in mir

Es ist so viel Zeit vergangen.

So unglaublich viel passiert.

Ich bin ein anderer Mensch geworden.

Frei(er) von mir selbst.

Und der Gesellschaft.

Bei mir.

In mir.

Zu Hause angekommen.

Inneren Frieden.

Mit mir und der Welt.

Sodass es egal wäre, wo ich wohnen würde.

Die Heimat bin ich selbst!

Zwanglos

Zwanghaftes Denken.

Zwanghaftes Sein.

Was wird uns dorthin lenken,

die Kontrolle darüber ist mein.

Will nicht nur funktionieren

den Ritualen Folge leisten,

mich in schönen Dingen verlieren

den Alltag mit Leichtigkeit meistern.

Sich wiederholende Muster

alt bewährte Sicherheiten,

längst überholte Cluster,

den Weg ohne Abweichung bestreiten.

Bin eingefahrene Strukturen überdrüssig,

möchte endlich Schwerelosigkeit überschüssig.

Fremdkörper ohne Daseinsberechtigung

Im Grunde genommen bin ich unzufrieden. Mit dem was ich bin, was ich tue, was ich habe.

Je mehr ich mich darum bemühe alles „perfekt“ zu machen, desto unzufriedener und unglücklicher werde ich. Das ständige Gefühl etwas übersehen zu haben. Ich habe mich (immer) noch nicht gefunden. Bin letzten Endes auch nur eine Schablone anderer. Ein bisschen von dem, ein bisschen vom anderen. Ich probiere mich aus, teste den für mich am idealsten Weg und bin dabei überfordert. Will ich überhaupt den besten, den einen Weg?

So viele Einflüsse, so viele Möglichkeiten, so viele Gedankengänge. Je mehr Input ich habe, desto mehr lebe ich das Leben der Anderen.

Was willst du? Was will ich wirklich?

Wie gut müssen es doch die Menschen haben, deren Radius nicht größer ist als den Horizont, den sie erblicken. Wie viel einfacher und unkomplizierter müssen ihre Sorgen, Ängste und Anstrengungen sein. Ich wünsche mir so sehr klare Gedanken, ehrliche Worte und ein zufriedenes Herz. Und wieder einmal entsteht da das Gefühl eines Fremdkörpers, der nicht hierhergehört.

Der Moment des Augenblicks

Der Moment des Augenblicks in dem du den Augenblick selbst wahrnimmst, ihn erfasst und von außen betrachtest, in dem Moment, in dem er schon wieder der Vergangenheit angehört.

Nicht greifbar, nicht fassbar, flüchtig wie gasförmiges Element.

Du kannst ihn nicht festhalten, nicht aufhalten, nicht einfrieren oder einrahmen.

Der Moment des Augenblicks in einem Zeitfenster zu klein als dass wir ihn begreifen könnten.

Schon wieder vorbei.

Jetzt.

Schon wieder vorbei.

Position halten

Ich habe keine Zeit.

Ich auch nicht.

Wir nehmen uns keine Zeit.

Füreinander.

Miteinander.

Zueinander.

Meine Zeit ist begrenzt.

Meine Zeit ist belegt.

Meine Zeit ist bewegt.

Sie sollte so ein, wie ich sie gerne ausgefüllt haben möchte.

Nach meinen Bedingungen.

Nach meinen Vorstellungen.

Der andere hat sich nach mir und meinen Plänen zu richten.

Viele Verabredungen, viele Termine.

In dem Kalender des anderen.

Er sagt mir immer wieder wann und wo.

Und ich?

Habe mich seinen Ideen zu fügen oder ich gehe leer aus.

Dann gehe ich lieber leer aus.

Einsam bin ich so oder so.

Was will ich da Freundschaft erzwingen.

Beziehungen einseitig pflegen.

Ich will keine fixen Termine.

Keine festen Zeiten.

Bei denen meine Wünsche und Bedürfnisse unter gehen.

Dann bleibe ich lieber für mich.

Allein – nicht einsam – bin ich sowieso.

Die Spiegel der Vergangenheit

Die ganze Zeit zu denken und zu behaupten, man bräuchte wenig, es aber in der Umsetzung nicht bewältigt bekommt, hinterlässt ein Gefühl des Versagens, der scheinbaren Schwierigkeiten, die eigentlich keine sind, weil es nur der „Minimalismus der Reichen“ ist.

Festzustellen, dass man von dem Wunschdenken der Unabhängigkeit, frei von Perfektion und Verpflichtungen, die über die Grundbedürfnisse hinaus gehen, weit entfernt ist.

Getrieben von Perfektion möchte man am liebsten schon morgen am Ziel angelangt sein, den Konsum perfekt kontrollieren zu können mit einer gewissen Leichtigkeit, Gelassenheit und entspannter Sichtweise, die Spaß an Optimierungen zulässt. Stattdessen überkommt einem die Müdigkeit des Tages, die Kraftlosigkeit der Unerreichbarkeit der Ziele.

Und man irrt wieder umher, wie ein schwarzes verlorenes Schaf ohne Hoffnung, ohne Erleichterung und Unbeschwertheit. Die Nachklänge der Vergangenheit, die man nicht vergessen und stattdessen viel zu starken Einfluss auf mein Handeln im Hier und Heute haben. Sie nehmen sich den Raum und den Platz der Gedanken, werfen mein Ich um Jahre zurück und lassen mich erneut wie ein selbst programmierter Roboter agieren.

Schwermütige Traurigkeit möchte sich weniger durch das Haben als viel mehr durch das Sein definieren dürfen.